Die Idee
Pforzheim nennt man häufig eine „bunte Stadt“, weil hier viele unterschiedliche Menschen leben. Das ist spannend und herausfordernd zugleich. Wie gelingt das Zusammenleben in einer so durch Pluralität geprägten Stadt? Nicht abstrakt und allgemein, sondern ganz konkret, hier vor Ort?
Das Projekt „In Vielfalt zusammen Leben in Pforzheim“, das auf die Initiative der Integrationsbeauftragten der Stadt Pforzheim ins Leben gerufen wurde, soll diesen Fragen auf den Grund gehen.
Das Projekt
Seit Dezember 2020 setzt die Integrationsbeauftragte das Projekt „In Vielfalt zusammen leben in Pforzheim“ um. Das Projekt wird mit Mitteln der Landesregierung Baden-Württemberg im Rahmen des Programms „Integration vor Ort“ gefördert. Das Projekt verfolgt zwei unterschiedliche Ziele.
- Es werden Geschichten von Menschen aus Pforzheim, insbesondere solcher mit Migrationsgeschichte erzählt, medial aufgearbeitet und einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.
- Im Rahmen eines breit angelegten Beteiligungsprozesses entsteht eine Broschüre, eine Art „Kompendium der Alltagsfreundlichkeiten“ mit normativen und gesellschaftlichen Regeln, die im Alltag gelten und die das Zusammenleben erleichtern.
Mit dem ersten Projektstrang wird das Ziel verfolgt, die Diversität der Lebensentwürfe Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in einer Vielzahl von verschiedenen Medienformaten sichtbar zu machen und dadurch die Akzeptanz von Vielfalt stärken und den Abbau von Vorurteilen und Ängsten befördern.
Das "Kompendium" soll das Bewusstsein für Alltagsregeln insbesondere in der Zugewanderten Communitys stärken und dadurch zumindest das unbewusste Missachten dieser Regeln verhindern.
Filmabend Pforzheim - Die Mischung macht's#3-2024: Dankbarkeit und Glück über die Chancen in Pforzheim
Zwei junge Männer erzählten ihre Geschichte in einem Film aus der Reihe „Die Mischung macht’s“, der am 5. Mai 2024 im Kommunalen Kino (KoKi) präsentiert wurde: Naieb Hakimi (22) aus Afghanistan und Robert Rad (24) aus Rumänien.
„Deutschland ist ein Macher-Land“
Naieb Hakimi kam vor zweieinhalb Jahren aus Afghanistan. Nach seinem Abitur und zwei Semestern Jura-Studium wagte er angesichts der angespannten politischen Lage den Schritt zur Flucht. Sein Heimatland verließ er alleine und zu Fuß. Warum er nach Deutschland wollte? Für Naieb ist Deutschland ein „Macher-Land“, in dem er hofft, seine Ziele verwirklichen zu können.
Angekommen in Pforzheim, machte sich Naieb zunächst daran, die deutsche Sprache zu erlernen. Aktuell absolviert er eine Einstiegsqualifizierung bei der Firma Witzenmann, mit dem Ziel, ab Herbst eine Ausbildung dort zu beginnen. Trotz aller Herausforderungen empfindet er große Dankbarkeit und Glück darüber, hier eine neue Chance zu bekommen.
Seine Gedanken sind oft bei seiner Familie, insbesondere bei seiner kleinen Schwester, die noch immer in Afghanistan lebt. Als junge Frau leidet sie besonders unter der aktuellen Lage dort. Obwohl sie einen Schulabschluss hat und sich im medizinischen Bereich ausbilden lassen wollte, darf sie momentan als Frau nicht einmal das Haus ohne männliche Begleitung verlassen. Für Naieb ist es ein zentrales Anliegen, seine Schwester nach Deutschland zu holen, damit sie hier in Sicherheit leben und eine Ausbildung beginnen kann.
„Ich bin gerne in Pforzheim“
Als Pflegefachkraft kam Robert Rad aus seiner Heimat Rumänien nach Pforzheim. Obwohl die Anerkennung seiner Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist, arbeitet er bereits als Pflegekraft in der Klinik in Hirsau. In Brötzingen teilt er sich eine Wohnung mit seinem Bruder. Aktuell investiert er Zeit und Energie in einen weiteren Sprachkurs, um sein Deutsch auf das Niveau B2 zu verbessern.
In seiner Freizeit kocht Robert vegane Gerichte, gerne auch für seine Freunde unterschiedlicher Nationalitäten, die er beim Sprachkurs kennengelernt hat. Der Film zeigt ihn bei Einkäufen auf dem Pforzheimer Wochenmarkt, wo er frisches Obst und Gemüse einkauft und die regionalen Händler unterstützt. In den knapp eineinhalb Jahren, die er nun in Pforzheim lebt, hat er die Stadt zu schätzen gelernt. „Ich fühle mich sehr wohl hier in Pforzheim, bin gerne in der Stadt und in der Natur, besonders am Fluss“, erzählt er im Film.
„Wertvolle Geschichten der gelingenden Integration“
Im Podiumsgespräch nach der Filmpremiere vertieften Naieb und Robert die Themen des Films gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten der Stadt, Anita Gondek, Mirzeta Haug, die das Projekt „Die Mischung macht’s“ leitet sowie Koki-Chefin Christine Müh.
Der Film bildet zugleich den Abschluss des Projekts „In Vielfalt zusammen leben. Beispiele für gelingende Integration in Pforzheim", für die die Filmemacher Ana Kugli und Sebastian Seibel im Frühjahr eine begleitende Ausstellung im Rathauspavillon konzipiert hatten. Die Integrationsbeauftragte Anita Gondek unterstrich die ausgeprägte Motivation und Eigeninitiative der beiden Protagonisten: „Das sind wertvolle Geschichten, die erzählt werden sollen“. Insbesondere Naieb Hakimi, der mit seiner afghanischen Herkunft vor anderen Herausforderungen steht als Robert Rad aus Rumänien, verwies auch auf die nötige Geduld in der Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden. Koki-Chefin Müh äußerte in diesem Zusammenhang den Wunsch nach verlässlichen Kapazitäten dort, Anita Gondek verwies auf die bestehenden Bemühungen bei der Integration und warb auch für Verständnis: „Die Aufgaben sind wirklich enorm.“ Naieb Hakimi, der bald seine Ausbildung bei Witzenmann beginnen möchte, zeigte sich pragmatisch und zielstrebig, bereit, nach 16 Monaten Flucht und Ankommen in Pforzheim, auch alle weiteren Hürden für ein Leben in Deutschland zu nehmen. Die Führerscheinprüfung in zwei Wochen wird die leichteste sein. Robert Rad blickt nach vorn, will noch studieren und ist sich sicher: „Ich will in Deutschland bleiben."
Ana Kugli und Sebastian Seibel von der Medienagentur ton-bild-schau aus Pforzheim haben diesen Film realisiert. Patin dieser Veranstaltung war die Integrationsbeauftragte der Stadt Pforzheim.
Die Mischung macht's #3: Naieb Hakimi und Robert Rad Video
Multimediale Geschichten von Menschen aus Pforzheim
Die Ausstellung
Insgesamt 16 Personen aus unserer vielgesichtigen Stadtgesellschaft stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Die Teilnehmenden sind unterschiedlichen Alters und haben verschiedene kulturelle oder ethnische Hintergründe. Woher kommen sie? Wie kamen sie nach Pforzheim? Was verstehen sie unter gelingender Integration und welche Hilfen oder Hemmnisse gab es auf ihrem Weg?
Die Umsetzung
Herzstück der multimedial angelegten Ausstellung sind Porträtfotos der 16 Teilnehmenden. Einen authentischen und persönlichen Eindruck der Menschen vermitteln Videoclips und Audiointerviews, die über QR-Codes direkt auf dem eigenen Smartphone abrufbar sind.
Dank der öffentlichen Zugänglichkeit in den Fenstern des Stadtlabors war die Ausstellung zu jeder Zeit, kostenlos und barrierefrei zugänglich.
Antigone Salihi
geb. 1982 in Skenderaj, Kosovo
seit 1996 in Pforzheim
Gastronomin
Brian Garner
geb. 1965 in Los Angeles (USA)
seit 1995 in Pforzheim
Chorsänger und Chorleiter
Claudiu Rupa
geb. 1975 in Bukarest, Rumänien
seit 2007 in Pforzheim
Violinist
Elina Chaplii
geb. 2001 in Charkiw, Ukraine
seit 2022 in Pforzheim
Psychologin
Enzo D’Eugenio
geb. 1971 in Atri, Italien
seit 1985 in Pforzheim
Pop-Tenor und Koch
Frauke Jansen
geb. 1967 in Pforzheim, Deutschland
aufgewachsen in der Stadt
Volkswirtin und Gründerin von „Golden Hearts“
Jing Kuntschner
geb.1971 in Yingkou, China
seit 2004 in Pforzheim
Vertriebsassistentin
Layla Wahab
geb. 1976 in Tuz Khurmatu, Irak
seit 2008 in Pforzheim
Sprachmittlerin und Kursleiterin
Mülkiye Kurt
geb. 1980 in Midyat, Türkei
seit 1999 in Pforzheim
Eventmanagerin und Sprachmittlerin
Patrick Kouangain
geb. 1978 in Jaunde, Kamerun
seit 2011 in Pforzheim
M.Eng Maschinenbau
Pinkas Soleiman
geb. 1977 in Pforzheim, Deutschland
Eltern kamen aus Israel
Fahrzeugpfleger
Sam Tho Duong
geb. 1969 in Biên Hòa, Vietnam
seit 1981 in Pforzheim
Schmuckdesigner
Savvato Logotheti
geb. 1956 in Makrychori, Griechenland
seit 1990 in Pforzheim
Gastronomin
Taoufek Morad
geb. 1998 in Homs, Syrien
seit 2015 in Pforzheim
Sozialarbeiter und Sozialpädagoge
Wilhelm Glass
geb. 1947 in Caracas, Venezuela
seit 1964 in Pforzheim
Goldschmied und Schmuckdesigner
Yavuz Cevik
geb. 1978 in Pforzheim
Kind türkischer Einwanderer
Berufskraftfahrer und Busfahrer
Broschüre „Tür an Tür – in Vielfalt zusammen leben in Pforzheim“
Über 30 Interessierte nutzten am 18. Mai 2022 die Gelegenheit, sich bei einem offenen Beteiligungsworkshop der Integrationsbeauftragten, in enger Kooperation mit der Hochschule Pforzheim ihre Themen und Sichtweisen zu einem gelingenden Zusammenleben in Pforzheim einzubringen.
Zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten arbeiteten die Teilnehmenden heraus, was sie an Pforzheim und dem Zusammenleben hier mögen, aber auch, was sie stört, und was fehlt, um gut miteinander auszukommen. In einem letzten Schritt formulierten die Gruppen die Leitsätze, die – in überarbeiteter Form und ergänzt um Inhalte aus Gesetzestexten – in der Broschüre „Tür an Tür – in Vielfalt zusammen leben in Pforzheim“ Eingang gefunden haben.
Weitere Infos zum Download
- "Tür an Tür- In Vielfalt zusammen leben" Broschüre937 KBDie Broschüre zum Projekt "Tür an Tür- In Vielfalt zusammen leben"
- "Tür an Tür- In Vielfalt zusammen leben" Broschüre einfache Sprache1 MBDie Broschüre zum Projekt "Tür an Tür- In Vielfalt zusammen leben" – in einfacher Sprache